Percy Bysshe Shelleys "Queen Mab"
Wien [ENA] Friedrich Engels begann 1848 Shelleys Gedicht "Queen Mab, A philosophical Poem, with notes" ins Deutsche zu übersetzen, doch ohne damit jemals fertig zu werden. Das ist auch nicht verwunderlich, denn "Queen Mab" ist alles andere als revolutionäre Prosa oder eine Kampfschrift, wie sie von Marx und Engels benützt wurden. "Queen Mab" ist Lyrik in reinster Form, auch wenn sich darin Gesellschaftskritik ausdrückt.
Engels kann mann sich einfach nicht vorstellen mit der Feenkönigin Mab und einem Geist auf einer Wolke im Aetherwagen dahinschweben und aus ferner Höhe auf die Erde traurig und schaudernd herabzublicken. Dazwischen Sphärenklänge, verzauberte Landschaften, die im Äther leuchten und die ganze Zartheit der Feen-und Geisterwelt als Gegenstück zur Erdenschwere. Engels ist eben ein "Engel", der auf die Erde gehört, bodenständig, zornig und fordernd. Shelleys Religionskritik ist bekannt. Immerhin verfasste er schon als Student 1811 das Pamphlet "The Necessity of Atheism", weswegen er von Oxford College verwiesen wurde. "Der Name Gottes hat schon jeden Frevel/ Mit Heiligenschein umstrahlt, und doch ist er/Nur das Geschöpf der Menschen" schreibt er.
Trotz seiner Liebe zur Poesie oder gerade deswegen, ging der Dichter nicht blind durchs Leben. Er sah durchaus die tiefen Ungerechtigkeiten, wie Armut, Ungleichheit, Tyrannei, Krieg, Tierleid oder Doppelmoral. 1821, in seiner Schrift "A Defence of Poetry", bezeichnet er den Dichter als Gesetzgeber und Prophet. In dem Gedicht "Queen Mab" lässt Shelley den Geist sprechen, "wie schlimmverstört und elend ist die Welt, wie dornig und voll Jammer, von jedes Dämons Willkür leicht gelenkt! O Fee! Erblinkt kein Hoffnungsstern?" Und die Fee Queen Mab antwortet, "Die ew'ge Welt enthält die Heilung für das Übel auch." Aber Shelley ist auch heute nicht vergessen. 1969 rezitierte Mick Jagger im Londoner Hyde Park aus seiner Dichtung "Adonais".